Update der Redaktion: flipgrid wurde leider mit 30.9.2024 eingestellt.
Ich verwende Flipgrid, damit meine Schüler*innen mit selbsterstellten Videos als Abschluss zu einem Thema zeigen können, was sie gelernt haben.
Flipgrid (www.flipgrid.com) ist eine Online-Plattform zum Sammeln und Teilen von Videos innerhalb einer vorher definierten Gruppe. Die Videos sind nur innerhalb dieser Gruppe sichtbar und natürlich für den Moderator, also die Lehrperson.
In diesem Blogbeitrag zeige ich Ihnen ein ganz konkretes Beispiel und präsentiere Ihnen die Vorteile der Arbeit mit Flipgrid.
My first detective story – 1. Klasse
Die Schüler*innen lernen, in der „Present Simple Tense“ eine Geschichte zu lesen und zu erzählen. Vor allem sollen sie die Verwendung des „s“ in der 3. Person Einzahl üben und festigen. Sie verwenden dabei auch Phrasen wie a lot of / lots of und prepositions of places wie under, behind, on usw. Zu diesen Punkten werden Übungen und Aktivitäten angeboten, bevor die Schüler*innen mit ihren eigenen Geschichten beginnen.
Zusätzlich wiederhole ich auch noch andere Inhalte, die für die Abschlussaufgabe wichtig sind. Für diese konkrete Aufgabe my first detective story waren das die Verwendung von there is / are, besitzanzeigende Fürwörter, can / can’t, feelings, have got / haven’t got und die Beschreibung der Personen in der Geschichte. Auch Inhalte aus vergangenen Lektionen kommen natürlich immer wieder vor, damit meine Schüler*innen sie wieder gebrauchen und somit festigen.
Dafür planen wir ungefähr fünf Stunden ein. Diese fünf Stunden sind mit Aufgaben gefüllt, die jeden Lernertypen ansprechen und alle Skills abdecken. Die Vielfalt macht hier die gute Vorbereitung aus. Unsere Schüler*innen können diese Aufgaben mit Hilfe eines Plans selbständig und im eigenen Lerntempo alleine oder in kleinen Gruppen erarbeiten.
Mit Klick auf das Vorschaubild oder den folgenden Link öffnen Sie meinen konkreten Arbeitsauftrag für die Detektiv-Geschichte mit Flipgrid.Haben die Schüler*innen dann ihren Text erdacht, geschrieben und vorgelesen, geht es ans Aufnehmen.
Achtung Aufnahme
Nachdem sich die Schüler*innen angemeldet haben (siehe „Technische Vorbereitungen“ weiter unten), können sie mit dem QR-Code oder dem Flipcode in das richtige Topic einsteigen und mit der Aufnahme beginnen.
Die Schüler*innen machen das zu Hause. Zu Hause sind sie in ihrer gewohnten Umgebung und haben alle Requisiten zur Verfügung, die sie für ihre Geschichte brauchen. Schüler*innen werden super kreativ und bauen sich ihre Szenen mit allen möglichen Dingen. Sie beschäftigen sich nicht nur mit dem Text, sondern überlegen ganz automatisch, wie sie ihre Geschichte gut in Szene setzen können. Dabei kommt es durchaus auch oft vor, dass die ganze Familie miteingeplant wird.
Meine Schüler*innen senden übrigens nicht das erste Video, das sie aufgenommen haben, sondern jenes, das am besten gelungen ist. Sie werden hier richtig eifrig und starten viele Versuche, bis sie ein Video haben, das ihren Ansprüchen genügt. Dabei üben sie immer und immer wieder ihren Text, die Grammatik, die Aussprache, Phrasen, Wörter, Intonation etc. Sie merken gar nicht, wie fleißig sie üben, weil es ihr Ziel ist, ein tolles Video abzuliefern und den Mitschüler*innen und uns Lehrpersonen zu zeigen, was sie schon alles können.
Feedback
Die Lehrperson moderiert bei Flipgrid die Videos, d.h. die Videos müssen von mir zuerst genehmigt werden. Mir ist es wichtig, diese Funktion zu aktivieren, weil ich nur Videos freischalten möchte, die sehr gut geworden sind. Sie werden einfach zu oft angehört, um hier gravierende Fehler zuzulassen.
Flipgrid bietet zwei Möglichkeiten der Rückmeldungen an.
- Eine sehr einfache und unkomplizierte Form ist die schriftliche Rückmeldung. Während ich das Video anhöre, kann ich daneben in einem Textfeld (Comments) schon meine Rückmeldung eintippen.
- Die zweite Möglichkeit ist, den Schüler*innen ein Video-Feedback zu senden. Dabei hören Sie sich als Lehrperson das Schüler*innen-Video an, tippen im Textfeld ein, was Sie den Schülerinnen sagen möchten und nehmen dann über das Icon „Video Feedback“ ihre Nachricht an die Schülerin / den Schüler auf. Brauchen die Schüler*innen eine Rückmeldung bezüglich Aussprache, bietet sich diese Form des Feedbacks ausgezeichnet an. Schüler*innen erhalten die Rückmeldungen in ihrer Mailbox, sofern Sie Ihre Schüler*innen mit Mail-Adresse in Flipgrid anmelden.
Durch diese Rückmeldungen können Sie als Lehrer*in ganz individuelle Nachrichten senden und Ihren Schüler*innen gezielt helfen, ihre Sprachanwendung zu verbessern.
Zweite Phase des Lernens
Erfüllt ein Schüler-Video alle Kriterien der Aufgabe, schalte ich es frei. Ab diesem Zeitpunkt können alle Mitglieder der Gruppe, in unserem Fall die Schüler*innen der beiden ersten Klassen, die Videos ansehen und anhören. Wir nutzen hier bewusst die Neugierde der Schüler*innen auf die Arbeiten ihrer Klassenkolleg*innen.
Jetzt beginnt die zweite Phase des Lernens. Durch das oftmalige Anhören der anderen Videos nehmen Schüler*innen ganz automatisch die Strukturen, die Phrasen, die Aussprache ….. auf und speichern sie in ihrem Gedächtnis ab.
Sie sehen in diesem Screenshot, dass meine Schüler*innen 21 Videos aufgenommen haben. Diese wurden 1406 Mal (!) angesehen, was eine Gesamt-Betrachtungszeit von 42,2 Stunden ergibt. 42 Stunden Lernen und Festigen – freiwillig, ohne Aufforderung! Das können Sie als Lehrperson in der Klasse allein nie (an)bieten!
Eine Anmerkung zu den „0 replies“ im Screenshot: Schüler*innen haben die Möglichkeit, ihren Mitschüler*innen auch eine Nachricht zu hinterlassen. Sie klicken dafür auf die grüne Sprechblase (siehe im Screenshot weiter oben – mit blauem Pfeil markiert) und nehmen ihren Kommentar auf. Meine Schüler*innen wissen zwar, dass sie das machen können, haben es aber noch nie versucht. Ich finde das sehr spannend, aber ich denke, sie sind so damit beschäftigt, Videos ihrer Mitschüler*innen anzusehen, dass sie darauf vergessen. Bei unserer nächsten Flipgrid Aufgabe werde ich diese Möglichkeit aber etwas forcieren.
Das Ergebnis
Hier als konkretes Beispiel die fertige „detective story“ von meinem Schüler Markus K.
https://flipgrid.com/s/3032d5fdc5e8
Andere Einsatzmöglichkeiten von Flipgrid
Während der corona-bedingten home-schooling-Phase von März bis Mai 2020 hab ich Flipgrid auch als Input meinerseits verwendet. Es sind nicht alle Texte, die man gerne verwenden möchte, als Höraufgabe vorhanden und daher habe ich selbst Texte eingesprochen und dafür Flipgrid genützt.
Die Erarbeitung von neuem Wortschatz habe ich teilweise auch mit Flipgrid durchgeführt. Meine Kolleginnen und ich haben neue Sätze und Wörter aufgenommen, damit unsere Schüler*innen sich den neuen Wortschatz anhören können. Ich werde auch weiterhin diese Aufgaben mit Flipgrid machen. So können unsere Schüler*innen auch zu Hause nachhören, wie man Wörter, Sätze oder ganze Texte ausspricht.
Erstellen von Aussprache-Referenz-Videos
Meine Schüler*innen hatten die Aufgabe, von mir vorgegebene Texte und Sätze aufzunehmen. Sie haben so lange geübt, bis alles richtig ausgesprochen wurde. Der Auftrag war dabei, die Sprecherin zu imitieren. Somit haben sie nicht nur die Aussprache, sondern auch die Intonation sehr gut geübt.
Diese Videos waren dann, nach dem Freischalten, die neuen Muster-Höraufgaben, also die neuen Referenzen. So konnte ich beim Geben von Feedback darauf verweisen.
Es ist für Schüler*innen viel spannender, ihre Klassenkamerad*innen zu hören, als immer nur ihre Lehrperson, und so lernen und festigen sie den neuen Wortschatz, weil sie mit Freude und Interesse zuhören.
Selbst erstellte Höraufgaben
Schüler*innen können auch ihre eigenen Höraufgaben gestalten. So haben meine Schüler*innen einen kurzen Text über ihre Familien geschrieben und Fragen ausgearbeitet. Beides wurde aufgenommen. Die Aufgabe war dann, sich mindestens drei Videos anzuhören und die Fragen zu beantworten. Meine Schüler*innen konnten es kaum erwarten, dass die Videos freigegeben wurden und haben mit viel Freude die Fragen beantwortet und dabei mehr als drei Videos angesehen.
Ob Schüler*innen ihre vorbereiteten Text lesen oder frei sprechen, hängt von vielen Faktoren und der gestellten Aufgabe ab. Manches bietet sich an, frei zu sprechen. Zum Beispiel, wenn Schüler*innen ihr Zimmer zeigen oder etwas kochen und sich dabei aufnehmen. Da stört ein Text zum Lesen nur und sie erkennen das oft ganz automatisch. Schüchterne oder sehr schwache Schüler*innen lesen aber, weil hier oft das Lesen schon eine enorme Leistung darstellt. Trotzdem wird es unter diesen Schüler*innen immer welche geben, die den Text so oft lesen, dass sie ihn dann doch schon auswendig können und ebenfalls frei zu sprechen beginnen.
Auch Aufnahmen zu zweit oder in einer kleinen Gruppe sind gut machbar. Dabei haben Schüler*innen oft sehr viel Spaß und genießen den Output umso mehr.
Der Kreativität von Lehrer*innen sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Es gibt noch viele andere Ideen, Themen, Gegenstände und Anlässe wo Flipgrid sinnvoll eingesetzt werden kann.
Die Vorteile von Flipgrid zusammengefasst:
- Die Sprechzeit der Kinder wird enorm gesteigert. Im Unterricht haben wir oft nicht die Zeit, allen Kindern die Möglichkeit zu geben, zu einem Thema zu sprechen. Mit Flipgrid kann jedes Kind, je nach Leistungsstand, die Sprechzeit erhöhen.
- Schüler*innen hören viel öfter und länger Inhalte, die sie gerade in den Stunden erarbeiten und festigen.
- Aufnahmen können individuell nach Leistung, Kreativität und Persönlichkeit gestaltet werden. Die Aufgaben sind so breit aufgestellt, dass jede Schülerin / jeder Schüler einen Betrag abgeben kann.
- Alle Schüler*innen können zeigen, was in ihnen steckt. Das muss nicht immer die Sprache sein. Durch Kreativität und tolle Ideen können so manche „Mängel“ wettgemacht werden.
- individuelles Feedback an die Schüler*innen ist ganz einfach möglich.
- Auch schüchterne oder unsichere Schüler*innen können Aufnahmen machen. Man muss nicht immer selbst im Bild sein. Es kann auch etwas Gezeichnetes sein, oder ein Bild. Außerdem können sie in vertrauter Umgebung, ohne Störungen und so oft sie wollen das Video aufnehmen.
- Nicht jedes Video muss freigeschaltet werden und trotzdem kann Feedback an die Schüler*innen gegeben werden.
- Freigeschaltete und als gut befundene Referenz-Videos nehmen der Lehrperson Feedbackarbeit ab.
- Keine technischen Probleme mehr, weil Videos automatisch auf der Flipgrid-Plattform landen und nicht in meiner Mailbox.
- Lernen und Festigen des Stoffes findet durch das oftmalige Sprechen und Anhören automatisch statt, gepaart mit viel Freude und Interesse.
Technische Vorbereitungen
Sie registrieren sich auf der Flipgrid Plattform unter https://info.flipgrid.com/. Es folgen das Anlegen der Klassen und das Erstellen eines sogenannten „Grids“. Wenn Ihre Schüler*innen eine Schul-Mailadresse haben, dann melden Sie sie am besten damit an. Der Vorteil ist, dass die Schüler*innen Ihr Feedback auf ihre Mailadresse bekommen und somit immer gut über ihre Arbeiten informiert sind. Außerdem geben Sie keine persönlichen Daten weiter und sind somit auch datenschutzrechtlich auf der sicheren Seite.
Das „Grid“ ist wie ein Ordner, in dem die unterschiedlichsten Beiträge gesammelt werden. Bei mir hat jeder Jahrgang ein „Grid“. In den Jahrgängen selbst habe ich die unterschiedlichsten Beiträge (Topics) angelegt. Darin werden die Videos automatisch gespeichert.
Das war es dann mit Vorbereitungen für Sie als Lehrperson. Jetzt geben Sie den Schüler*innen eine kurze Anleitung zum Einsteigen und den Flipcode, den Sie für Ihr Grid zugewiesen bekommen haben.
Schüler*innen können jedes digitale Endgerät mit Internetverbindung, einem Mikro und einer Kamera verwenden, aber Handys sind natürlich die logische und erste Wahl, weil Schüler*innen damit sehr gut umgehen können und sie auch immer dabeihaben. Die Flipgrid App selbst braucht sehr wenig Speicherplatz und ist für alle Handys und Tarife gut geeignet.
Neugierig geworden?
Los! Ausprobieren, Erfahrungen sammeln und posten nicht vergessen.
Update der Redaktion: flipgrid wurde leider mit 30.9.2024 eingestellt.