In der Fremdprachenlehr- und lernforschung wird Aussprache oft als Cinderella bezeichnet, das vernachlässigte Stiefkind, das im Gegensatz zu ihren „Stiefschwestern“ Grammatik und Wortschatz nicht zum Ball eingeladen wird. Doch warum ist das so, und was können wir dagegen tun? In diesem Beitrag möchten wir diesen Fragen nachgehen und zeigen, wie sich die Aussprache sinnvoll und kreativ in den kommunikativen Englischunterricht integrieren lässt.
Warum wird die Aussprache vernachlässigt?
In vielen österreichischen Schulen liegt der Fokus im Englischunterricht auf Wortschatz und Grammatik, während die Aussprache – wenn überhaupt – nur am Rande behandelt wird. Als Hauptgründe dafür nennen viele Lehrer:innen den allgegenwärtigen Zeitmangel und damit zusammenhängend die Priorisierung von schularbeitsrelevanten Inhalten, bei denen Aussprache kaum eine Rolle spielt. Zudem stellt sich die Frage, ob gezielter Ausspracheunterricht überhaupt notwendig ist, da die Schüler:innen durch Medien wie Musik, Videospiele oder Filme ohnehin Kontakt mit der englischen Aussprache haben. Solange die Verständigung funktioniert, erscheint gezieltes Aussprachetraining nicht vorrangig.
Warum sollen wir die Aussprache fördern?
Eine gute Aussprache ist entscheidend für die Verständlichkeit und die Kommunikationsfähigkeit in der Fremdsprache. Wer sich sicher in der Aussprache fühlt, spricht mit mehr Selbstvertrauen. Fehlerhafte Aussprache hingegen kann zu Missverständnissen führen und die Kommunikation erheblich beeinträchtigen. Außerdem wird oft vergessen, dass das gezielte Üben der Aussprache auch das Hörverstehen fördert, da Hören und Sprechen eng miteinander verbunden sind. Wenn wir mit den Schüler:innen Aussprache trainieren und ihnen zeigen, wie sie diese aktiv verbessern können, dann werden sie sich auch bei der Listening Comprehension in der nächsten Schularbeit leichter tun! Dazu kommt noch, dass Aussprachelernen Spaß macht – sofern die Lehrkräfte sich die Zeit nehmen und einzelne Sequenzen oder ganze Stunden abwechslungsreich und kommunikativ so gestalten, dass die Schüler:innen motiviert werden, an ihrer Aussprache zu arbeiten.
Wie kann Aussprache kommunikativ unterrichtet werden?
Die easy-Reihe bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, Aussprache kommunikativ zu unterrichten. Dabei ist es wichtig, dass die Übungen in authentische Kommunikationssituationen eingebettet werden und nicht isoliert und ohne Kontext praktiziert werden.
- easy book: Hier gibt es großflächige Illustrationen, die zum Sprechen anregen und Ausspracheübungen kontextualisieren.
- Vocab & Sounds: Dieser Teil enthält Videos und eine breite Palette an konkreten Übungen, um bestimmte Aspekte der englischen Aussprache zu üben.
Anhand von zwei Beispielen aus easy 1 und easy 2 wollen wir uns nun konkrete Unterrichtsbeispiele ansehen.
Beispiel 1: RHMYES
Rhymes sind eine kreative Möglichkeit, um die Schüler:innen langsam und spielerisch auf die Aussprache aufmerksam zu machen. Hier ein Beispiel aus easy 1 zum Thema Body Parts

Hier ist es wichtig, dass die Lernenden in Paaren oder kleinen Gruppen arbeiten, um die Aufgabe gemeinsam zu lösen. Zur Differenzierung können besonders schnelle oder motivierte Schüler:innen noch eigene Beispiele mit Reimen hinzufügen. Als kommunikative Follow-up Aktivität bietet es sich an, die Schüler:innen anzuhalten, die Body Parts in einen Rap, ein Gedicht oder eine kurze Geschichte (ev. auch mit Emojis) einzubauen. Hier ein Beispiel für einen solchen Rap:
Body Parts Rap
I wave my hand 👋, I join the band 🎶,
I tap my toe 🦶, and start the show 🎤.
I bend my knee 🦵, it’s fun to see 👀,
I blink my eye 👁️, and say goodbye 👋.
Diese Raps, Gedichte oder Geschichten könnten dann vor der Klasse vorgetragen werden.
Beispiel 2: MINIMAL PAIRS
Minimal Pairs, wie ice-eyes, sind ideal, um feine, aber essenzielle Unterschiede in der englischen Aussprache bewusst zu machen.

Hier ein paar Ideen, wie man Minimal Pairs in den Unterricht einbauen kann:
-
Partner-Diktat
- Die Schüler:innen arbeiten in Paaren.
- Partner A liest eines der Wörter der Paare vor (z.b. ice)
- Partner B zeigt, welches Wort er gehört hat, oder schreibt es auf.
- Dann werden die Rollen getauscht.
-
Minimal Pair Bingo
Vorbereitung: Die Lehrkraft erstellt Bingovorlagen. Diese gibt es zum Beispiel auf https://www.bingospiele.org/kostenlose-bingo-vorlagen-zum-ausdrucken/ kostenlos zum Ausdrucken.
- Jeder bekommt eine Bingokarte mit verschiedenen Wörtern von der Liste der Minimal Pairs.
- Die Lehrkraft liest zufällig Wörter aus der Liste vor.
- Die Lernenden markieren die Wörter, die sie hören.
- Wenn ein/e Schüler:in alle Wörter auf seiner/ihrer Bingokarte markiert hat, ruft er/sie Bingo.
- Zur Kontrolle liest der Gewinner/die Gewinnerin dann alle Wörter auf seiner/ihrer Bingokarte vor.
-
Memory
Vorbereitung: Passend zu den Minimal Pairs, erstellt die Lehrperson Karten mit unterschiedlichen Bildern. Zum Beispiel zeigt ein Bild ein Glas voller Eiswürfel (ice) und ein anderes ein Gesicht mit großen Augen (eyes). Diese Bilder können auch mit AI generiert werden oder aber die Schüler:innen werden angehalten, selber entsprechende Bilder zu erstellen/finden/zeichnen. Dazu passend werden dann noch Wortkarten erstellt.
Beispielkarten:
Die Schüler:innen spielen zu zweit oder in kleinen Gruppen. Wichtig: Wenn eine Karte genommen wird, muss das entsprechende Wort auch laut ausgesprochen werden. Wenn alle Kartenpaare richtig gefunden wurden, können die Schüler:innen Sätze mit ihren Wortpaaren bilden und eventuell auch gemeinsam eine kleine Geschichte erfinden und diese der ganzen Klasse vorlesen.
Fazit
Ausspracheunterricht muss nicht trocken oder isoliert erfolgen. Durch kommunikative Methoden und die Einbettung in sinnvolle Kontexte kann er lebendig und motivierend gestaltet werden. Retten wir Cinderella und laden wir sie ein zum Ball in unseren Klassenzimmern!
PS: Um Aussprache geht es u.a. auch im Blogbeitrag Audiofeedback mit QR Codes.